So wurd’s gemacht

Gut geplant ist halb begonnen

Alles begann mit etwas ‚Stadtplanung‘: Das Modell des Bahnhofs habe ich auf einen Bogen Papier von der Rolle (Makulaturpapier, o.Ä.) gestellt und danach mit Bleistift und Lineal solange skizziert, bis ich einen interessanten und realistisch wirkenden Straßenverlauf gefunden hatte. Diverse H0-Fahrzeuge halfen dabei, die Dimensionen erst einmal annähernd realistisch zu definieren.

Mit dem Vektorzeichenprogramm ,Macromedia Freehand‘ habe ich anschließend diese Skizze digitalisiert. Natürlich eignen sich auch ,Adobe Illustrator‘, ,Corel Draw‘ und ähnliche Grafikprogramme. Nachdem alle Elemente und Objekte der Skizze auf diese Weise grob platziert waren ging es an die Präzisierung und Detaillierung.

Ich hatte bei meinen Internet-Recherchen zu den Vorbildabmessungen von Straßen Planungsrichtlinien für die Straßengestaltung und das barrierefreie Bauen gefunden. Mit deren Hilfe habe ich sodann ein ¼-Straßenplaner-Studium absolviert und konnte daher Fahrbahnen, Geh- und Radwege in maßstäblicher Breite anlegen.

Die Richtlinien behandeln auch die korrekte Verwendung und die Abmessungen von Fahrbahnmarkierungen. Sehr praktisch, konnte ich doch so auch alle Linien, Sperrflächen etc. vorbildgetreu definieren.

An den Übergangsstellen für Fußgänger habe ich so genannte ‚Aufmerksamkeitsflächen‘ vorgesehen, geriffelte weiße Gehwegplatten, die Blinden und Sehbehinderten die Orientierung erleichtern sollen.

Die Rad- und Gehwege sollten mit kleinen Pflastersteinen, so genanntem ,Kleinmosaik‘ eingefasst werden. Die Gehwege selbst bestehen aus den klassischen, 40×40cm großen und diagonal verlegten Platten. Ich habe diese Flächen im Grafikprogramm definiert und die Plattenstruktur gezeichnet. Die Radwege sollten rot asphaltiert sein. Vorbildgerechter wären wohl Betonpflastersteine, aber wegen des geschwungenen Verlaufs der Radwege erschien mir diese Art nicht umsetzbar.

Den Parkplatz habe ich in drei Bereiche geteilt: Stellplätze für Taxis, Fahrbahn und natürlich die Parkplätze – für Behinderte und Nichtbehinderte, in realistischen Breiten, nach Vorgaben der Planungsrichtlinien.

Anschließend habe ich alle wesentlichen Objekte und Details des zukünftigen Dioramas verteilt, z.B. Schilder, Lampen, Kanaldeckel, usw. Das Ergebnis war dieser Plan, der mehrmals ausgedruckt und zusammengeklebt wurde um ihn zu prüfen und korrigieren.

Materialfrage

Für Grundflächen habe ich bisher immer Gips verwendet. Da diese aber absolut eben sein würde und ich außerdem Gewicht sparen wollte, habe ich mich für einen anderen, interessanten Werkstoff entschieden, den ich in einem Baumarkt entdeckt hatte: guttagliss hobbycolor, eine 3mm starke Platte aus geschäumtem PVC. Sie hat ein geringes Gewicht und ist sehr einfach zu bearbeiten: Man kann sie mit Cutter, Feilen und Schleifpapier leicht in Form bringen. Die Oberfläche ist recht stabil, trotzdem lässt sie sich gut gravieren und prägen – genau das habe ich mit ihr vor – und z.B. mit Acrylfarben lackieren.

Endlich Baubeginn

So, Planungsphase beendet, nun ging es an die Bauarbeiten. Dafür wurde der Plan noch ein letztes Mal gedruckt und zusammengeklebt. Mittels Sprühkleber wurde er auf der Grundfläche des Dioramas fixiert, wirklich nur fixiert. Also nicht zuviel Kleber verwenden, sonst bekommt man das Papier später nicht rückstandsfrei wieder herunter.

Als erstes habe ich die Fahrbahn von den Gehwegen und der Mittelinsel getrennt. Da die Schnittkanten später zu Bordsteinkanten werden würden, musste ich hier möglichst senkrecht und vor allem gleichmäßig schneiden. Jeder Schnittfehler – und es sind mir in den Bögen einige unterlaufen – musste anschließend gespachtelt werden. Die höher gelegenen Wege und die Mittelinsel wurden mit 1,5mm starkem MDF unterfüttert. Im Bereich der übergangsstellen sollten die Bordsteinkanten abgesenkt sein. Dafür habe ich den gedruckten Plan an den betroffenen Stellen eingeschnitten, partiell wieder abgelöst und die Gehwege mit Feile und Schleifpapier abgeschrägt. Die Schleifspuren werden gespachtelt und fein geschliffen. Das Bild zeigt die Grundplatte während dieser Arbeiten. Danach konnten die abgelösten Teile des Plans erneut fixiert werden.

Als nächstes habe ich im Bereich der Stellflächen des zukünftigen Bahnhofsparkplatzes das Grundplattenmaterial entfernt und durch ein passendes Stück Betonsteinpflaster von Auhagen ersetzt.

Gravierende Einschnitte

Dann begann der schwierige – und anstrengende – Part: Durch den aufgeklebten Plan hindurch können alle Linien direkt auf das Grundmaterial übertragen werden. Dazu habe ich die etwas breitere Oberkante einer feinen Schneidmesserklinge verwendet. Die Linien der Gehweglatten mit gleichmäßigem Druck und ohne abzurutschen am Lineal zu ziehen, nur genau bis zu Schachtabdeckungen und Fahrradwegen – und keinen Millimeter zu weit – erforderte hohe Konzentration und die Anspannung war auch sehr bald körperlich spürbar. Natürlich löste sich das solcherart kreuz und quer durchschnittene Papier schon bald, wie beabsichtigt, in größeren Flächen ab. Wenn man nicht aufpasst, fallen dabei aber auch schon solche Flächen des Planes weg, die eigentlich noch, z.B. zum Anlegen des Lineals, benötigt würden. Also: vorher darüber nachdenken, welche Bereiche zuerst, und welche zuletzt graviert werden müssen.

Mit Hilfe von Schablonen wurden nun die Konturen der Einfassungssteine der Radwege graviert. Pappschablonen für die Längslinien und eine aus Kunststoff für die gleichmäßige Teilung.

Die schon erwähnten Aufmerksamkeitsflächen erhielten dann ihre charakteristische Riffelung. Im Abstand von 0,1–0,2mm (ganz gleichmäßige Abstände gelangen mir nicht) habe ich feine Linien gezogen. Mein bloßes Auge war hierbei übrigens völlig überfordert, die Arbeit habe ich unter einer Lupenlampe durchgeführt.

Um die Linie zur Darstellung der Kantsteine zu ziehen, habe eine Klinge auf ein 1,5 mm starkes kleines Stück Kunststoff und dann auf ein größeres Führungsstück geklebt. Danach habe ich einfach dieses Werkzeug am Rand der Bürgersteige entlang gezogen und schon hatte ich eine saubere Trennlinie. Schließlich noch mit der Schablone, wie bei der Radwegeinfassung, die Teilung der Steine simuliert und fertig ist die Bordsteinkante.

Bis auf die Flächen für das Kleinmosaik sind die Bürgersteige nun fertig. Ich habe noch einige Gehwegplatten durch z.B. Risse ,beschädigt‘ oder ganz entfernt und durch geneigt eingeklebte Kunststoffquadrate leicht hochstehende Platten simuliert.

Die runden Abwasserschachtdeckel sollten natürlich nicht einfach aufgeklebt werden, sondern bündig mit der Pflasterung (und dem Asphalt der Straße) abschließen, mussten also tiefer gelegt werden. Ich habe mir einen Stempel gefertigt, bestehend aus einem 1 mm starken Stück Kunststoff, im Durchmesser des Deckels, auf ein etwas größeres Holzstück geklebt. Damit und einem kleinen Hammer habe ich die benötigten Vertiefungen geprägt. Für die Gullydeckel am Straßenrand habe ich die ganze Prozedur mit einem passenden rechteckigen Stempel wiederholt. Anschließend können alle Deckel in diese Vertiefungen eingeklebt werden.

Steine stempeln: Kleinmosaik

Auf Gehwegen sind um solche Deckel oft kleine Pflastersteine statt passend geschnittener Betonplatten verlegt. Dafür – und um die noch fehlenden Kleinmosaikflächen herzustellen – habe ich einen weiteren Stempel hergestellt: Einen Messingrundstab habe ich zuerst mittig mit einem 0,5mm-Bohrer aufgebohrt und anschließend mit einer Feile zu dieser Bohrung hin quadratisch verjüngt. Diese Spitze habe ich noch in ein 20mm Rundholz gesteckt und fertig war mein Werkzeug. Vermutlich wäre ich mit einem Vierkantrohr als Ausgangsmaterial einfacher zum Ziel gekommen, aber da mein Werkzeug das Ergebnis diverser Experimente war, bin ich dabei geblieben.

Mit diesem Stempel konnte ich die gewünschte Kopfsteinpflasterstruktur in das Kunststoffmaterial der Grundplatte einfach eindrücken. Wobei sich ,einfach‘ nur auf das Prinzip bezieht, denn tatsächlich handelt es sich hierbei um eine äußerst mühe-, fast qualvolle Arbeit.

Alle auf dem Plan dunkelgrau dargestellten Flächen (ohne die Straße) bestehen aus Kleinmosaik mit schlussendlich insgesamt ca. 35.000 bis 40.000 Pflastersteinen. Zumeist immer am Lineal entlang, habe ich reihenweise Stein für Stein gesetzt, eine Tätigkeit, die sich über Wochen hinzog, denn schon nach einigen Quadratzentimetern waren Augen, Hirn und Muskulatur überbeansprucht. Nach einigen Tagen hatte ich sogar eine Sehnenscheidenentzündung und musste pausieren.

Nun, das Ergebnis entschädigt zwar letztlich für die Mühe, der Aufwand lohnt sich aber wohl nur für den ganz hartgesottenen und detailversessenen Modellbauer – und auch der sollte sich vielleicht auf kleinere Flächen beschränken.

So, damit war die Grundfläche fertig graviert, wer will, kann jetzt noch die Fahrbahn ,beschädigen‘, also z.B. Schlaglöcher oder Asphaltrisse simulieren. Meine Straße ist aber erst im Frühjahr ausgebessert worden und daher in recht gutem Zustand.